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Liddy Curran im Kilt, Belfast, 1917
Liddy Curran im Kilt, Belfast, 1917
Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden im nun freien Irland Röcke üblich, die wieder mehr an die traditionellen Kilts erinnern sollten, obwohl sie in Wirklichkeit mit dem historischen Kilt, der Léine, eigentlich nur die Falten gemeinsam hatten. Bereits 1917 hatte Liddy Curran, Schwiegernichte und Tanzschülerin von Peader O'Rafferty in Belfast, zum Tanz einen Kilt getragen. O'Rafferty spielte auch bei den Männern eine führende Rolle bei Einführung des Kilts in die irische Tanzkultur. Liddy Currans Tanzkostüm bestand aus Saffran-Kilt, grüner Weste und Jacket, sowie Spitzenkragen und Spitzenmanschetten. Brat, sehr lang für diese Zeit und mit Tara-Brosche befestigt, sowie Socken waren ebenfalls dunkelocker gehalten.
Connolly Dancers mit Essie Connolly, Ende 1930er
Connolly Dancers mit Essie Connolly, Ende 1930er
Auch als der Kilt schließlich zur allgemein üblichen Tanzkleidung der Tänzerinnen geworden war, wurden dazu Jacken getragen, an denen ein Schal befestigt war, der das bisherige Schultertuch ablöste. Der relativ kleine und schmale Schal wurde nur noch über einer Schulter getragen und hing entweder frei am Rücken herab oder wurde schräg über den Rücken gespannt und an der anderen Hüfte mit einer Tara-Brosche befestigt. Dieses immer noch Brat genannte Kleidungsstück erinnerte sehr an das früher in Irland übliche über die Schulter geworfene Pluid. Der Schal wurde jedoch, entgegen der restlichen europäischen Tradition, über der linken Schulter getragen, so wie es bei den Iren aus Protest gegen die Besatzer üblich war. Dort galt es nämlich als Privileg des Königs oder der Königin, den Schal über der linken Schulter zu tragen, was die stolzen Iren für sich reklamierten. Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde sogar teilweise ganz auf das Brat verzichtet und statt dessen nur noch eine Schärpe über dem langärmligen Kleid getragen. Allerdings gab es bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts auch Tänzerinnen, die weiterhin ein größeres Schultertuch trugen, das als knie- oder fast bodenlanger Umhang ausgeführt war, bei dem jedoch die beiden oberen Ecken nicht mehr bis zum Bauch heruntergezogen und zusammengesteckt, sondern die Ecken getrennt an den Schultern mit Tara-Broschen befestigt wurden. Dazu wurde weiterhin eine Kordel um den Bauch des im Gegensatz zum Kilt einteiligen Kleides getragen, während auf eine Jacke verzichtet wurde.
Lily Comerford Dancers in Kilts, Dublin, Anfang 1930er
Lily Comerford Dancers in Kilts, Dublin, Anfang 1930er
Die Tanzlehrerin Lily Comerford aus Dublin machte den Kilt 1922 zum Teil des offiziellen Tanzkostüms ihrer Tanzschule, sowohl für Männer, als auch für Frauen. Die untere Ecke an der Außenseite des Kilts wurde mit einer Kiltnadel festgesteckt. Zu den saffranfarbenen Kilts wurden sowohl von Tänzerinnen als auch von Tänzern offene schwarze Jacken, weiße Blusen und an der linken Schulter kleine, frei hinten herabhängende Schals verwendet. Später kamen auf Vorschlag von Tom Lawlor, einem bekannten späteren Mitglied von An Coimisiún aus Dublin, für die Mädchen zusätzlich einfache weiße Kragen und weiße Manschetten hinzu. Damit begann die offizielle Kilt-Kampagne zur landesweiten Durchsetzung dieses Kleidungsstückes als Tanzkleidung, speziell auch für Männer.

Rita Hemsworth, Molly Hasso mit Cormac O'Keeffe Class Costume, Tänzer mit Kniehosen und Kniestrümpfen, 1920-1939 Schüler der O'Rourke School of Dancing, 1932, einschließlich Una Ni Ruairc (rechts)
Rita Hemsworth, Molly Hasso mit Cormac O'Keeffe Class Costume, Tänzer mit Kniehosen und Kniestrümpfen, 1920-1939 Schüler der O'Rourke School of Dancing, 1932, einschließlich Una Ni Ruairc (rechts)

Violet Danaher, Limerick, und Peter Bolton, Dublin, auf der Weltausstellung in Chicago, 1935
Violet Danaher, Limerick, und Peter Bolton, Dublin, auf der Weltausstellung in Chicago, 1935
Die männlichen Tänzer, die bis dahin einfach Kniehose oder lange Hose und Hemd trugen, begannen um diese Zeit ebenfalls, den Kilt wiederzuentdecken. Dies geschah jedoch nicht ganz freiwillig, sondern wurde durch entsprechende Vorschriften von An Conradh für offizielle Tanzveranstaltungen teilweise erzwungen. Ebenso wie die sich bei den Tanzkleidern der Frauen abzeichnende Entwicklung stellten auch die männlichen Kilts der Neuzeit keine irische Tradition dar, sondern waren in Form und Farbe romantisierende, wenn auch durchaus charmante Neuschöpfungen, weil die Tradition des Kilts für viele Jahrhunderte unterbrochen war. Die Mitglieder von An Conradh verwendeten den Kilt ab etwa 1900, um damit ihre irische Nationalität zu betonen, und erwarteten dies auch von den irischen Tänzern.
Zu Beginn wechselten selbst Mitglieder von An Conradh, die sonst Kilts trugen, zum Tanzen in Kniehosen, die Anfang des 20. Jahrhundert als typisch irische Tanzkleidung der Zeit galten. Darunter waren berühmte Tänzer der Zeit, die nie Kilts zum Tanz trugen, wie Cormac O'Keeffe, Peter Bolton, Tomás Ó Faircheallaigh, Freddie Murray und Willie Murray. Zwischen etwa 1910 und 1920 wechselten die meisten männlichen Tänzer zu langen Hosen, z.B. Harry McCaffrey. Jungs trugen dagegen meist kurze Hosen.
Peader O'Rafferty beim Gewinn der ersten Ulster Championship, mit Maire McStrocker, 1911
Peader O'Rafferty beim Gewinn der ersten Ulster Championship, mit Maire McStrocker, 1911
Der erste Tänzer der Neuzeit, der bei einem Tanzwettbewerb einen Kilt trug, war der oben bereits erwähnte Peader O'Rafferty, wie er auf einem Foto als Gewinner der Ersten Ulster Irish Dance Championship von 1911 zu sehen ist. Damit blieb er jedoch lange Zeit die absolute Ausnahme. Auf den Tailteann Games 1924 in Dublin sahen die meisten Teilnehmer aus ländlichen Gebieten überhaupt zum ersten Mal, dass Tänzer einen Kilt trugen. Die Tänzer aus Cork und Belfast wurden von den Tanzlehrern aus Dublin getadelt, weil sie nicht das "neue irische Kostüm" trugen. Die Wertungsrichterin Treasa Halpin drohte ihnen, dass sie ohne Kilt nicht zum Wettbewerb zugelassen würden, obwohl sie vorher nie gehört hatten, dass man so etwas braucht, und obwohl es keine geschriebene Vorschrift darüber gab. Sie mussten sich daher Kilts von einer Piper Band borgen, um starten zu dürfen.
Tomás Ó Faircheallaigh und Eileen McCormick, 1930
Tomás Ó Faircheallaigh und Eileen McCormick, 1930
Tír Na nOg Dance Team in Kilts und mit Brats und Sporran, Belfast, 1934
Tír Na nOg Dance Team in Kilts und mit Brats und Sporran, Belfast, 1934
Bis Anfang der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts hatte sich die Verwendung des Kilts über ganz Irland ausgebreitet. In der Kilt-Kampagne engagierte sich beispielsweise Rory O'Connor, dessen Meinung als All-Ireland Champion von 1931 und durch seine Radiosendung "Take the Floor" zur Popularisierung des Irish Dancing großes Gewicht hatte. Als Farben der Kilts wurden ähnlich wie bei den Frauen meist dunkles Grün und Ocker verwendet. Mitte der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde es bei den männlichen Tänzern auch üblich, statt der Weste oder dem bloßen Hemd eine Jacke zu tragen. Diese war meist aus irischem Tweed und entsprach durchaus der Alltagskleidung.
Bis in die 40er Jahre des 20. Jahrhunderts hatten die Kilts fast vollständig Kniehosen und lange Hosen abgelöst. Teilweise wurde sogar ein Sporran getragen, eine Felltasche vor dem Bauch, wie sie die Schotten trugen, obwohl dies in keiner Weise einer irischen Tradition entsprach. Dies wurde durch massiven Druck auf die Tänzer bei den offiziellen Wettbewerben erreicht. Zwar gab es eigentlich niemals eine offizielle Vorschrift, bei Tanzwettbewerben einen Kilt zu tragen. Jedoch wurde diese Forderung derart durchgesetzt, dass Tänzer in Hosen schon bald exemplarisch niedrige Bewertungen erhielten und deshalb schnell "freiwillig" zum Kilt wechselten - oder das Tanzen aufgaben. Diese Vorschrift war wesentlich mit dafür verantwortlich, dass in den folgenden fünfzig Jahren immer weniger Jungs und Männer zum irischen Tanz fanden, da sie sich mit dieser Kleidung nicht identifizieren konnten. Der falsch verstandene Traditionalismus führte somit fast zum Aussterben der Tradition des männlichen irischen Tanzes. Interessant ist in dieser Beziehung, dass Tomás Ó Faircheallaigh, führendes Mitglied von An Coimisiún und später deren langjähiger Vorsitzender, selbst nie einen Kilt trug, währdend An Coimisiún diese Regel bis 1994 eisern durchsetzte.
Neben dem Tanz wurde auf den Tanzwettbewerben ab den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts zunehmend auch der Kilt eines Tänzers bewertet. Außer der Qualität des Materials und der Verarbeitung wurde die Anzahl der Falten begutachtet, obwohl gerade diese Mode von den neu geschaffenen Kilts der Schotten her kam, während die alten Kilts von Schotten und Iren vor ihrer Ausrottung glatt waren, was also eher der tatsächlichen, wenn auch sehr alten, irischen Tradition entsprochen hätte. Das Ganze beruht wohl auf einer simplen Verwechslung, denn das irische Wort für den alten Kilt, Pluid [pli:d], also Mantel oder Decke, war dem Wort für Falten, Pléata [ple:tÉ], sehr ähnlich. Gleiches gilt auch für das schottische Gälisch, so dass fälschlich angenommen wurde, ein Kilt müsse Falten haben. Folgerichtig wurde der Kilt im modernen Irish auch als Filleadh Beag ['filÉ be:g], also "kleine Falten", bezeichnet, obwohl er eigentlich Féileadh ['fe:lÉ] heißt, was zwar ähnlich klingt, aber eigentlich nur Festtagskleidung heißt.

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Irish Dance, Irish Dancing, Irischer Tanz
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